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Bienenwabe / Heike Dommnich |
Ich schreibe hier nicht als gestandene Imkerin. Meine ersten Bienen kamen 2007
zu mir, Erfahrungen als Kind von Imkereltern oder anderen Verwandten habe ich
nicht und so betrachte ich mich nicht als erfahren. Dennoch
beschäftigt mich die Diskussion um die Nordbiene (Apis mellifera mellifera) oder auch Dunkle Biene, wie sie genannt wird, und die Meinung von vielen „alten
Hasen“, die immer wieder betonen, diese Dunkle Biene kann nie so gut sein, wie die
Carnica oder auch die Buckfast-Biene. Es ist mir egal, ob hier die Rede von
Rassen, Bastarden oder Verbastardierung ist, wenn sich die Bienen munter
durcheinander vermehren. Nachdenklich macht mich jedoch, dass die Meinungen so
hart aufeinander treffen und dass nicht nur im Internet sondern nun auch im
Deutschen Bienenjournal, einer Zeitschrift, die wohl von der Mehrheit aller
Imker gelesen wird.
Sehr schnell habe ich gelernt, dass zwei Imker erst einmal
drei Meinungen haben. Als Neuling sucht man sich eine der drei heraus, nämlich die,
welche in der jeweiligen Situation am passendsten zu sein scheint. Da ist es
eigentlich nicht verwunderlich, dass Bienenzüchter auch jeweils ihre Zuchtlinie
favorisieren. Auch bei anderen Haustierhaltern gibt es zahlreiche Anhänger, die
sich der Erhaltung von alten Nutztierrassen widmen. Bei Schafen, Rindern und
Schweinen ist dies ganz normal und vor allem erfreulich. Es wird öffentlich positiv
anerkannt (und das auch von den Kollegen), dass es Landwirte gibt, die sich
nicht nur von der Ökonomie leiten lassen, Landwirte, die ihr Rolle auch darin
sehen, Haustiere artgerecht zu halten. Und das bedeutet eben auch, alte Rassen
zu pflegen, die typisch für eine Region sind. Oft sind diese Züchtungen nicht
diejenigen, welche am meisten Milch, Fleisch oder Eier bringen, sondern die, die am besten mit den Gegebenheiten ihres Landstrichs harmonieren. Sie sind
widerstandsfähig, robust und manchmal sicher auch eigenwillig. Warum wird das
den Imkern nicht zugestanden?
Nun liegt
es in der Natur der Bienen, dass diese fliegen. Meine Königinnen schlüpfen am
Stand, ziehen aus zum Hochzeitsflug und paaren sich mit den Drohnen, die die
Umgebung hergibt. In einem winzigen Ort mit vier Imkern sind das
selbstverständlich Carnica-Völker, wird doch diese Rasse auch in meinem Verein
als die wahre brauchbare Biene betrachtet. Eine zaghafte Frage während einer
Versammlung nach der Meinung zur Dunklen Biene wurde kaum beachtet, so abwegig
schien das Thema. Ich habe nie wieder danach gefragt. Es freut mich daher
besonders, dass es Imker gibt, die sich nicht beirren lassen, und der Dunklen
Biene wieder eine Chance geben. Irgendwo habe ich gelesen, dass die
Südländer-Bienen, sprich die Carnica-Züchtungen, hier nördlich der Alpen nicht
alle Wildpflanzen bestäuben, weil sie diese aus ihrer südlichen Heimat nicht
kennen. Das macht mich besonders nachdenklich. Sprechen wir nicht von einer
gewünschten Biodiversität? Bemängeln wir nicht gerade den Rückgang von Wildpflanzen?
Wünschen wir uns nicht eine bunte Vielfalt von Kräutern und Blumen am Feldrand?
Wenn die Nordbiene die im Norden der Alpen heimische Biene ist (oder war), so
sollte es nur gut sein, wenn sie hier endlich wieder fliegt und all die
Pflanzen bestäubt, die für sie zur normalen Umwelt gehören. Die Züchter von
Bienen (welchen auch immer), sollten sich nicht gegeneinander ausspielen,
sondern miteinander Reden. Ohne Zweifel ist das für Bienenhalter noch wichtiger
als bei Züchtern von anderen Haustieren. Diese können leichter beeinflussen,
dass der Nachwuchs ihrer Tiere reinrassig bleibt. Bienen sind Haus- und
Wildtiere zugleich. Man kann die Königin künstlich besamen. Die meisten kleinen
Imker halten ihre Bienen jedoch ohne sich speziell mit der Zucht zu
beschäftigen. Die Königinnen schlüpfen und werden von den Drohnen der Umgebung
befruchtet. Im Sinne der Bienen und der Umwelt muss es möglich sein und
bleiben, auf diese unkomplizierte Art, Imker zu sein.
Für mich als kleine Imkerin mit vier bis sechs (auch schon 10) Völkern, spielt
es nicht so sehr die Rolle, ob ich 10, 15 oder 20 Kilogramm Honig pro Volk
ernte. Für meine Familie und die interessierten Nachbarn und Freunde reicht es.
Wichtiger wäre mir eine Biene, die mit der Milbe und unserem inzwischen
seltsamen Wintern (von warm bis plötzlich brechend kalt) gut zurecht kommt.
Nach dem, was ich inzwischen von der ehemals heimischen Nordbiene gehört und
gelesen habe, scheint mir diese Eigenschaften zu haben, die meinen Wünschen
durchaus entsprechen. Auch jetzt gehören für mich Schleier, Smoker und
Handschuhe zur Ausrüstung. Viele Imker, egal welche Rasse sie halten, wissen,
das es immer mal wieder stechlustige Völker gibt. Ich finde es nicht richtig,
gerade Neuimkern immer nur etwas von friedlichen Bienen zu erzählen. Sicher
sind diese Völker die besseren und zum Glück auch in der Mehrheit, aber ein
Imkerleben ohne die anderen wird es wohl nicht geben.
Ich wünsche mir eine Biene, die robust ist und mit den heutigen Gegebenheiten
klar kommt. Dazu gehört auch eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegen
Schadstoffe in der Umwelt. Dazu gehört, dass sie einen ungewöhnlich warmen
Januar und einen folgenden sehr kalten Februar überlebt. Dazu gehört es
auch, dass diese bei nasskaltem April genug Nahrung für den Nachwuchs findet. Wenn die Dunklen Immen noch bei kaltem Wetter und Regen fliegen,
während die anderen sich bereits nicht mehr heraustrauen, so scheint mir das
wichtiger, als der Honigertrag. Auch deren Verteidigungswillen gegen Wespen und Hornissen betrachte ich mit Wohlwollen, beobachte ich doch jedes Jahr Hornissen, die in der nahen Umgebung leben, von den aufdringlichen Wespen ganz zu schweigen.
Zum Schluss möchte ich hier noch ein Geständnis ablegen. Wenn ich vor fünf Jahren
geahnt hätte, dass die Bienenhaltung so viel Wissen erfordert, so viel Arbeit
macht und doch (aus meiner Sicht) recht kompliziert ist, hätte ich mich nicht
auf dieses Hobby eingelassen. Sicher genieße ich es, eigenen Honig zu haben und
sehe die Bienen mit Stolz fliegen. Allerdings ist der finanzielle Einsatz
erheblich und auf die Frage, wie viele Völker kommen über den Winter, könnte
ich auch verzichten. Inzwischen hätte ich jedoch ein schlechtes Gewissen, mit
der Imkerei aufzuhören. Nicht weil ich meinen eigenen Honig brauche, sondern
weil ich mir Sorgen um die Bienen mache. Wie lange haben wir noch, bis die
Obstbauern in Werder oder anderswo sich Bienen einfliegen lassen, weil die
unsrigen hier nicht mehr ausreichen? Wenn es dann noch Immen gibt, die
eingeflogen werden können. Und ob diese dann friedlich und ertragreich sind,
dürfte den Landwirten egal sein. Sie brauchen die Bestäubungsleistung und nicht
den Honig. Sie wollen Kirschen ernten, egal ob in den Bäumen die Dunkle Biene
oder eine Carnica-Züchtung fliegt.
Liebe Bienenzüchter, liebe Forscher in den Bienenländerinstituten, liebe
Bienenhalter, liebe Verantwortlichen in den Vereinen und Verbänden, wenn 80
Prozent der Bienen von Kleinimkern gehalten werden, wie ich es bin, dann achtet
darauf, dass die Interessen dieser kleinen eigentlich die sind, die ihr
vertreten sollt. Die kleinen brauchen eine robuste Biene. Vielleicht wird es
Zeit, sich auf die einheimischen Bienen zu besinnen und bei diesen die Sanftmut
zu fördern, wie es bei den anderen Rassen seit Jahrzehnten getan wird. Die
Biene des kleinen Mannes sollte robust sein und mit der Varroa-Milbe und den von dieser übertragenen
Krankheiten zurecht kommen. Der Honigertrag tritt in Zeiten des Bienensterbens
in den Hintergrund, ebenso die Sanftmut. Sie ist gewünscht, für die
Kirschenernte jedoch nicht notwendig.
Somit hoffe ich, dass die Verantwortlichen nicht gegeneinander wirken, sondern
gemeinsam für alle Imker eine Lösung finden, im Sinne der Biene als Haus- und
als heimisches Wildtier.